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Landesanglerverband Brandenburg e.V. und Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow - Stepenitz

Ansprechpartner : Ulrich Thiel, Steffen Zahn Themengebiete :  Wiederansiedlung von Lachs und Meerforelle, Gewässerentwicklung
   

Beinträchtigungen : Wanderhindernisse, Gewässerunterhaltung, Wasserverschmutzungen

 
   
Flussgebiet : Elbe
Fluss: Stepenitz
 
   
Kontakt :  

 

 

 

 


 

Dieser Bericht wurde freundlicherweise von Ulrich Thiel zur Verfügung gestellt :

Stepenitz: Lachs- und Meerforellenaufstieg 2008

Im Rahmen des Laichfischmonitorings wurden in der Stepenitz bis Ende Dezember insgesamt 19 Lachse und 51 Meerforellen beim E-Fischen gefangen und der üblichen Prozedur (Messen, Wiegen, Entnahme von Schuppen- und Gewebeproben) unterzogen. Einige Fische erhielten Telemetriesender, um deren Wanderungen im Gewässersystem verfolgen zu können. Die durchschnittliche Stückmasse der Lachse betrug 3,7 kg. Das größte Exemplar, ein Milchner, war 102 cm lang und 8,6 kg schwer. Das Geschlechterverhältnis wies einen leichten Milchnerüberschuss auf (1,38:1). Der Grilseanteil lag bei 52,6 % und war damit geringfügig höher als im Vorjahr (51,7 %).

 

Das Durchschnittsgewicht der Meerforellen betrug 2,3 kg, wobei der größte Fisch, ebenfalls ein Milchner, bei einer Länge von 78,5 cm 5,3 kg wog. Unter den Aufsteigern dominierten erwartungsgemäß die Rogner, das Geschlechterverhältnis war 1:1,83. Einem Teil der gefangenen Meerforellen wurde ein Stück der Fettflosse entfernt, um in einem Markierungs-Wiederfang-Experiment eine Schätzung des Gesamtbestandes vornehmen zu können. Nach vorläufigen Informationen (die genaue Auswertung liegt noch nicht vor) dürften in der Saison 2008 insgesamt etwa 100 bis 150 Meerforellen aufgestiegen sein. Dies wird von den Projektbeteiligten durchaus als Erfolg gewertet, da die jährlichen Besatzmengen im Zeitraum 2003 bis 2005 mit 40 bis 50.000 Stück Mf0 relativ gering waren. Die Überlebensrate vom Brütling zum Laichfisch dürfte somit für die betreffenden Besatzjahrgänge im Bereich von 2 bis 4‰ liegen.

Die Zahl der in die Stepenitz zurückkehrenden Meerforellen folgt schon seit mehreren Jahren einem positiven Trend. Beim Lachs ist zumindest eine Stabilisierung der Rückkehrerzahlen, wenn auch auf vergleichsweise niedrigem Niveau, zu verzeichnen. Einiges deutet darauf hin, dass der Lachsaufstieg in der Elbe sehr stark von der Wasserführung des Stromes abhängig ist, ein Zusammenhang, der bereits 1929 von SCHEURING für die damaligen autochthonen Elblachse beschrieben wurde. Abgesehen von einigen zu Monitoringzwecken benötigten Smolts werden in der Stepenitz seit 2008 nur noch halbjährige Lachse dänischer Abstammung (Skjern Au) besetzt, die mit Flossenschnitt (Fettflosse oder Bauchflosse) markiert sind. In den letzten Jahren wurden mehrfach in dieser Weise markierte Fische in anderen Elbenebenflüssen gefangen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Besatz in der Stepenitz stammten. Wir sind sehr an genaueren Informationen über solche „Streuner“ interessiert, und bitten auf diesem Wege alle Fischereipächter, -wissenschaftler, Berufsfischer und Angler uns über Fänge von markierten Lachsen in der Elbe oder deren Nebenflüssen zu informieren.

Ulrich Thiel
 

Bericht für 2007 : Die Stepenitz entspringt unweit der Stadt Meyenburg und mündet nach einer Lauflänge von 86,4 km bei Wittenberge, am Stromkilometer 455, rechtsseitig in die Elbe. Die Entfernung von der Elbemündung bis zur Stepenitzmündung beträgt 272 km. Die Entfernung zwischen dem Stauwehr Geesthacht und der Stepenitzmündung beträgt 131 km. Auf ihrem Weg von der Quelle zur Mündung überwindet die Stepenitz einen Höhenunterschied von 84 m. Damit hat der Fluss ein, für einen Niederungsfluss, relativ hohes durchschnittliches Gefälle von 1‰. Im Mittel- und Oberlauf sowie in einigen Zuflüssen steigt das Gefälle auf bis zu 5‰ an. Die Gewässer weisen demzufolge sandige bis grobkiesige, stellenweise auch steinige Sohlsubstrate auf. Das Einzugsgebiet der Stepenitz ist 867,4 km2 groß und gehört bei mittleren Jahresniederschlägen von über 600 mm zu den niederschlagsreichsten Regionen Brandenburgs. Für den Mündungsbereich der Stepenitz werden vom Landesumweltamt Brandenburg ein NQ von 1,5 m3/s, ein MQ von 6 m3/s und ein HQ2 von 22,4 m3/s angegeben.

Das Stepenitzsystem hat für den Gewässer- und Fischartenschutz in Brandenburg heraus-ragende Bedeutung, da sowohl an der Stepenitz wie auch an der Mehrzahl ihrer Zuflüsse weiträumige naturnahe Abschnitte existieren. Neben Bachforelle und Äsche kommen u.a. Groppe, Elritze und Bachneunauge vor. Es existieren Restpopulationen des Edelkrebses und der Kleinen Flussmuschel (Unio crassus). Flussneunaugen steigen inzwischen wieder zahlreich, Meerneunaugen bisher leider nur vereinzelt zum Laichen auf.

 Das Projekt

Das Stepenitzprojekt wurde 1997 als gemeinsame Initiative des Instituts für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow (IfB) und des Landesanglerverbandes Brandenburg e.V. (LAVB) ins Leben gerufen. Mit dem Projektstart im Jahre 1998 wurde als Ziel die „Begründung sich selbst reproduzierender, fischereilich nutzbarer Bestände von Lachs und Meerforelle sowie die Schaffung eines für die Gewässerfauna durchgängigen Gewässersystems am Beispiel der Stepenitz“ formuliert. Gleichzeitig sollte der hohe Symbol- und Sympathiewert, den der Lachs in der Öffentlichkeit genießt, für die Zwecke eines umfassenden Artenschutzes im aquatischen Bereich genutzt werden. Lachsbesatz erfolgt seit 1999 auf der Grundlage von Habitatkartierungen, die vom IfB vorgenommen wurden. In den ersten beiden Jahren wurde nur Brut besetzt, ab 2001 auch Einjährige. Der Brutbesatz erfolgt in naturnahen Abschnitten verschiedener Nebenbäche. Einjährige Fische werden im Hauptlauf der Stepenitz  sowie in den beiden größten Nebenflüssen, der Dömnitz und der Kümmernitz, ausgesetzt. Im Zeitraum 1999 bis 2007 wurden rund eine halbe Million Lachsbrütlinge, (überwiegend vom westschwedischen Lagan-Stamm) und 133.000 ältere, vorwiegend einjährige, Lachse der Stämme Ätran (Westschweden) und Skjern Å (Dänemark) besetzt, die mit Fettflossenschnitt (Skjern) bzw. Schnitt der rechten Bauchflosse (Ätran) markiert waren. Außerdem wurden im genannten Zeitraum insgesamt 340.000 Stück Meerforellenbrut ausgesetzt.

 Rückkehrer


Toller Lachs-Milchner  (Lagan-Stamm) aus der Stepenitz

Ab 2002 gelang jährlich der Nachweis von Rückkehrern. Bis Ende 2007 wurden insgesamt 231 geschlechtsreife Großsalmoniden (109 Lachse und 122 Meerforellen) mit dem E-Gerät gefangen und registriert. Mehrfach konnte durch genetische Untersuchungen eine erfolgreiche natürliche Reproduktion von Lachsen nachgewiesen werden. Es wird vermutet, dass sich auch die Meerforellen erfolgreich natürlich fortpflanzen. Der bisher größte in der Stepenitz nachgewiesene Lachs war 98 cm lang und 8 kg schwer. Die größte Meerforelle wog 5,5 kg bei einer Länge von 77 cm.

Ergebnisse 2007

Im Jahr 2007 hat der regenreiche, kühle Sommer und die gleich bleibend hohe Wasserführung der Elbe offenbar zu einem vermehrten Aufstieg von Wandersalmoniden geführt. So wurden bereits im Juni an der Havelmündung Lachse und Meerforellen festgestellt, von denen einige in die Kontrollreuse gingen, die zu wissenschaftlichen Zwecken im Fischpass des Wehres Gnevsdorf installiert worden war. In der Stepenitz gelang der Nachweise der ersten Meerforelle des Jahres am 28. September. Die ersten Lachse wurden am 12. Oktober beim Elektrofischen gefangen. Bei Kontrollbefischungen wurden bis Ende Dezember insgesamt 29 Lachse und 44 Meerforellen mit einem Gesamtgewicht von 204 kg gefangen, vermessen und ins Oberwasser der Staustufe Perleberg umgesetzt. In diesem Zusammenhang muss man allerdings berücksichtigen, dass bei der E-Fischerei im Unterwasser der Staustufe nur ein Teil der Aufsteiger erfasst wird, nämlich diejenigen Fische, die den Vertical-Slot-Pass am Mühlenwehr nicht schnell genug finden. Die übrigen steigen über den Fischpass auf und entziehen sich damit der Registrierung.

Reproduktion


Meerforellenmilchner aus der Stepenitz (76 cm, 4,5 kg).

Bisher wurde darauf verzichtet, die Rückkehrer abzustreifen und künstlich zu vermehren, da zunächst Erkenntnisse über die Wanderungen der Fische im Flusssystem gewonnen werden sollten. Von Interesse war insbesondere, welche Gewässer bzw. Gewässerstrecken von den Fischen zum Laichen ausgewählt werden und ob die Fische in der Lage sind, die vorhandenen Fischaufstiegsanlagen zu finden und zu passieren. Dazu wurden mehrfach Lachse und Meerforellen mit Telemetriesendern ausgerüstet. Trotz der Größe des Gewässersystems und der im Vergleich dazu geringen Zahl von Laichfischen wurden regelmäßig Laichgruben von Großsalmoniden aufgefunden; in Einzelfällen konnten auch die Laichfische beobachtet oder in der Nähe der Laichgruben geortet werden.

 Durchgängigkeit 

Der Hauptlauf der Stepenitz ist von der Mündung bis Putlitz auf 55 km Länge für Wanderfische passierbar, nachdem im August 2007 am Standort des früheren Zellwolle-Wehres in Wittenberge eine Sohlgleite fertig gestellt wurde. Auch die Längspassierbarkeit der wichtigsten Zuflüsse ist inzwischen soweit wiederhergestellt, dass die aus der Elbe aufsteigenden Wanderfische den größten Teile der als Laich- und Jungfischhabitat in Frage kommenden naturnahen Fließstrecken erreichen können. Um die Bedingungen für flussabwärts gerichtete Fischwanderungen zu verbessern, wurde 2003 an der Kleinwasserkraftanlage Perleberg ein oberflächennaher Bypass installiert. Obwohl eine abschließende Bewertung der Funktionsfähigkeit des Abstiegsgerinnes noch aussteht, deuten erste Untersuchungsergebnisse darauf hin, dass die Anlage den gedachten Zweck grundsätzlich erfüllt und insbesondere Smolts eine gefahrlose Abwanderung ermöglicht. Ein weiterer wichtiger Beitrag zur Wiederherstellung der Längspassierbarkeit stromab war die vom Landkreis Prignitz verfügte Stilllegung der Wasserkraftanlage Putlitz im Jahr 2003,die 10 Jahre lang ohne gültige Genehmigung betrieben worden war. Leider sind einige naturnahe Gewässeroberläufe für aufsteigende Lachse und Meerforellen nach wie vor nicht erreichbar. Das betrifft z.B. den Hauptlauf der Stepenitz oberhalb des Pulitzer Mühlenwehres und die Dömnitz oberhalb der Kathfelder Mühle bei Pritzwalk. Am letztgenannten Standort ist auch die schadlose Abwanderung von Smolts noch immer nicht gewährleistet. Die Lösung dieser Probleme scheiterte bisher vor allem an der mangelnden Kooperationsbereitschaft von Anlagenbetreibern und Bauwerkseigentümern.

 Trotz der noch bestehenden Probleme sind die am Projekt beteiligten Angler und Fischereiwissenschaftler davon überzeugt, dass im Zuge der Umsetzung der EU-WRRL  langfristig angemessene Existenzbedingungen für nutzbare Populationen von Lachsen und Meerforellen geschaffen werden können, deren Fortbestand überwiegend auf der natürlichen Reproduktion einer ausreichend großen Zahl von Laichfischen basiert.  Mittelfristig besteht das Ziel, die zum weiteren Aufbau der Populationen benötigten Satzfische mit eigenen Rückkehrern zu erzeugen und, bei weiterer positiver Entwicklung der Rückkehrerzahlen, eine verantwortungsvolle Nutzung von Rückkehrern durch Angler zuzulassen. 


Farmlachsrogner der in der Stepenitz gefangen wurde.

Darüber hinaus gibt es ein Smoltmonitoring zu dem mir Uli Thiel folgendes schreibt : Auf dem Bild unten sind die Kollegen vom IfB gerade mit dem Aufbau der Smoltfalle unterhalb des Mühlenwehres in Perleberg fertig. Der Fangkasten wurde längs geteilt und mittig mit einem dritten Leitnetz versehen, um die Smolts getrennt nach Abwanderungswegen (Bypass/Turbine  oder Fischpass) erfassen zu können. Das hat bei unserem Vorversuch im Mai 2007 auch gut funktioniert. Die Stepenitz teilt sich in Perleberg in drei Arme, von denen zwei für die Smoltabwanderung bedeutsam sind. Da wegen der Wasserkraftnutzung das meiste Wasser
am Mühlenwehr fließt, wurde die Smoltfalle hier installiert. Die baulichen Gegebenheiten sind so, dass sich der Turbinenauslauf auf der (in Fließrichtung gesehen) rechten Seite befindet. Das regulierbare Wehr, welches nur selten überströmt wird und hauptsächlich der Hochwasserentlastung dient, liegt in der Mitte und auf der (in Fließrichtung gesehen) linken Seite befindet sich der Fischpass (Schlitzweite 20 cm). Der Stau im Turbinenkanal wird durch einen Schütz gehalten. Der Turbineneinlauf liegt oberhalb, rechtwinklig zur Fließrichtung der Stepenitz, und ist mit einem Rollrechen (Maschenweite 5x15 mm) versehen. Die Oberkante des Turbinenschützes hat einen Ausschnitt, über den ca. 80 l/s in eine offene Metallrinne und über diese ins Turbinenunterwasser strömen. Smolts und andere oberflächennah wandernde Fische finden, wenn sie am Rollrechen nicht weiter kommen,relativ schnell "das Loch" im Turbinenschütz. Die Anlage wurde 2003 mit Mitteln des Landesanglerverbandes als Provisorium errichtet. Wir waren damals froh darüber, dass uns das Landesumweltamt überhaupt solche Modifikationen an seiner Wehranlage gestattet hat. Jedenfalls wurden seitdem kaum noch tote oder verletzte Fische am Rollrechen festgestellt. Die Fließverhältnisse in dem Abstiegsgerinne sind möglicherweise "ein bisschen heftig", hier wird man ggf. noch einmal nacharbeiten müssen.